Presseinformation vom 03.07.2025:
Jedem Ende wohnt ein Anfang inne
Nach 25 Jahren linker Kommunalpolitik in Rüsselsheim löste sich mit Blick auf die Kommunalwahlen 2026 die Wahlliste Die Linke/Liste Solidarität am Mittwochabend mit einem einstimmigen Beschluss ihrer Mitgliederversammlung auf.
Gründe waren zum einen, dass eine nachhaltige Verjüngung der Liste nicht gelungen war, zum anderen aber, dass unter den seit Jahresbeginn erstaunlich vielen neuen Rüsselsheimer Mitgliedern bei der Partei Die Linke viele junge und viele auch kommunalpolitisch interessierte Menschen sind und deshalb das Antreten einer offenen Liste des Rüsselsheimer Ortsverbands wahrscheinlich ist. Dass dafür auch bisherige Aktive der linken Liste mit ihren kommunalpolitischen Erfahrungen zur Unterstützung bereit sind, war beim Treffen mehrfach zu hören.
Bei der Gründung der Liste im Jahr 2000 fanden sich Menschen zusammen, die den Sozial- und Bildungsabbau auf allen Ebenen im Zusammenhang mit der Ökonomisierung und Privatisierung wesentlicher öffentlichen Aufgaben ebenso kritisierten, wie die Auslandseinsätze der Bundeswehr und die generelle Unterfinanzierung der Kommunen.
2001 startete die Liste mit einem noch bescheidenen Stimmenanteil von 2,6% und Bernd Heyl als einzigem Stadtverordneten. Dennoch konnten diverse Erfolge in Zusammenarbeit mit Gewerkschaften und Bürgeraktivitäten erzielt werden. So zum Beispiel bei der Verhinderung des geplanten Abrisses mit Schließung der Eichgrundschule.
Später gelang dann durch das engagierte Mitwirken in der BI zur Hauptmannschule deren Erhalt und ihre spätere Umwandlung in eine IGS (integrierte Gesamtschule). Die dringend notwendige Grundsanierung der Schule steht allerdings bis heute aus.
Ähnlich war es beim geplanten Abriss der Großsporthalle im Bündnis mit Sportvereinen, Sportbund und Rüsselsheimer Betrieben des Baugewerbes.
Die schließlich erfolgreichen Aktivitäten gegen den Abriss von 80% des denkmalgeschützten Opel-Altwerks um Platz für eine „Supermall“ zu schaffen, gingen wesentlich auf Aktive der linken Liste zurück. Auch beim vergeblichen Versuch den Abriss des beliebten Hallenbads an der Lache mittels eines von 11.000 Menschen unterschriebenen Bürgerbegehrens zu verhindern, war die Linke/Liste Solidarität genauso eine vorantreibende Kraft wie bei verschiedenen Baumrettungsaktionen in der Innenstadt und am Ostparkrand.
Im Kitabereich konnte die Schließung der Horte verhindert, eine bessere Bezahlung der Erzieherinnen und Erzieher, eine verstärkte Sprachförderung, mehrere Kita-Neubauten, sowie die Übernahme von Verantwortung für die U3-Einrichtungen durch die Kommune befördert werden.
Ehrenamtlich engagierten sich für die Ziele der kommunalen linken Liste im Magistrat zunächst Bernd Heyl und später Marianne Flörsheimer. Fraktionsvorsitzender war ab 2006 Karl-Heinz Schneckenberger, der 2016 auch zum Ortsvorsteher in Königstädten gewählt wurde.
Als verdienten Lohn für ihre Aktivitäten betrachtete die kommunale linke Liste den kontinuierlichen Anstieg des WählerInnenanteils bis auf 8,6% in 2016.
In der Folge kam es in der Stadtverordnetenversammlung zu einem Bündnis mit SPD, Grünen und WsR. Im Bündnispapier wurden die gemeinsamen Ziele und Aktivitäten für wichtige Themenbereiche kommunaler Politik festgehalten. Gerade bei Sozialem, Bildung, Kultur, Wohnen konnte sich die linke Liste dabei ebenso gut wiederfinden, wie in Leitsätzen wie: „Wir wollen eine inklusive und offene Gesellschaft, die Vielfalt als Stärke begreift. Wir lehnen jede Form von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit ab. Wir wollen ein Klima der Wertschätzung in unserer Stadt schaffen, das alle Menschen mit ihren unterschiedlichen Biographien, Herkünften und Erfahrungen einschließt.“
Und konkretisierend „Wir wollen die Ausländerbehörde entsprechend des Konzepts des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge zu einer „Willkommensbehörde“ fortentwickeln.“ Woraus sich eine fruchtbare Zusammenarbeit in der Migrationspolitik mit Bürgermeister Grieser ergab, mit dem es zuvor bei der Schulentwicklung zu heftigen Auseinandersetzungen gekommen war. Auch bei der U3-Betreuung kam es zu Fortschritten.
Bereits 2018 allerdings bewegte sich die WsR in entscheidenden Punkten, wie Kürzungen bei Investitionen in Kultur und Bildung sowie durch die Fake-Behauptung ihres OB-Kandidaten, dass den Mieterinnen und Mietern der Gewobau durch den Wohnungsbau für Geflüchtete Mieterhöhungen drohten, von den gemeinsamen Positionen weg und verließ schließlich das Bündnis. Womit dann auch Mehrheiten für die fortschrittlichen Inhalte des Bündnispapiers kaum noch zustande kamen.
Die herben Verluste bei der Kommunalwahl 2021 von 8,6 auf 4,84 Prozent hatten nach den Einschätzungen der linken KommunalpolitikerInnen zwei weitere Ursachen. Zum einen die bundesweiten Rückgänge bei der Zustimmung zur Partei Die Linke, zum anderen die kommunale Kandidatur mehrerer Listen, von denen sich viele Menschen mit Migrationshintergrund eine direktere Vertretung ihrer Interessen versprachen als von der linken Liste.
Angesichts der kommunalen Finanzmisere, der Weigerung des bundesweiten neoliberalen Blocks aus CDU/CSU, SPD, Grünen, FDP, AfD und Wirtschaftslobby durch kommunalfreundliche Steuerreformen, wie die Wiedererhebung der Vermögenssteuer, dieses Problem anzugehen, angesichts hunderter Milliarden für Militarisierung, angesichts der rasanten Rechtsentwicklung, angesichts der zusätzlichen Gefährdungen der Leistungsfähigkeit der kommunalen Dienste in Rüsselsheim für Bürgerinnen und Bürger und ihre Vereine durch den hiesigen neoliberalen Block von CDU, SPD, WsR und FDP/FW+, ergibt sich die Notwendigkeit einer konsequenten linken Kommunalpolitik. Und angesichts der personellen Auffrischung bei der Linkspartei und der Tatsache, dass sie bei der Bundestagswahl im Februar in sieben Rüsselsheimer Wahlbezirken mit 22 bis 25 Prozent die meisten Stimmen erhielt, ergeben sich gute Chancen diese nach der Kommunalwahl im März 2026 auch zu verwirklichen.